FAQ: Antworten auf Fragen zum Thema Arbeitszeugnisse

Ein Interview mit der Beraterin für Arbeitszeugnisse Petra Pflanz

Scheidet ein angestellter Mitarbeiter aus einem Unternehmern aus, hat er in Deutschland einen Anspruch auf die Austellung eines Arbeitszeugnisses. Üblicherweise wird dies danach zum Bestandteil seiner Bewerbungsunterlagen für eine neue Arbeitsstelle, womit dessen Inhalte durchaus Einfluss auf den Ausgang seiner Bewerbungen haben können. Ich persönlich halte zwar Arbeitszeugnisse hinsichtlich des Bewerbungserfolges grundsätzlich für wenig maßgeblich, dennoch kann ein gutes Zeugnis einem Bewerber im konkreten Fall durchaus helfen. Auf alle Fälle sollte man als Angestellter über seine Rechte und eventuelle Fallstricke beim Thema Arbeitszeugnis informiert sein. Außerdem kann man als Mitarbeiter in vielen Fällen proaktiv auf die Ausstellung eines korrekten und wohlwollenden Arbeitszeugnisses Einflusss nehmen.

Da ich immer wieder feststelle, dass es in diesem Zusammenhang sowohl auf der Seite der Vorgesetzten als auch bei den Mitarbeitern Unklarheiten gibt, habe ich einmal eine Spezialistin für dieses Thema, nämlich die Beraterin für Arbeitszeugnisse Petra Pflanz gebeben, in einem Interview häufige Fragen zu beantworten. Frau Pflanz war gerne dazu bereit und so finden Sie nachfolgend dessen (separat formulierte) Textversion:


1. Frau Pflanz, bitte sagen Sie zuerst ein paar Worte zu Ihnen selbst, Ihrem Werdegang und Ihrer aktuellen Tätigkeit im Allgemeinen.

»Ich habe eine klassische Sekretariatsausbildung, später kamen kaufmännische Tätigkeiten dazu. Ich habe eine reichhaltige Branchenerfahrung, war im Maschinenbau, Verlagswesen, Vertrieb, in Immobilien- und Wohnungsverwaltungen tätig und auch in Auswahlprozesse involviert. Zudem kenne ich die Arbeit in einer Rechtsanwaltskanzlei. Bevor ich mich 2005 als Beraterin für Arbeitszeugnisse selbstständig gemacht habe, gehörte ich viele Jahre einer Karriereberatung an.

Meine Kunden sind Privatpersonen aus allen nur denkbaren Branchen und beruflichen Schichten, aber auch Unternehmen gehören dazu. Ich kenne die ganze Bandbreite von Berufen und Tätigkeiten und habe schon unzählige Zeugnisse getextet, zum Beispiel für Geschäftsführer und Vorstände, Personalleiter, Ärzte und medizinisches Personal, Pharmakologen, Arbeitnehmer mit kaufmännischen, erzieherischen oder sozialen Berufen, Menschen aus Forschung und Wissenschaft, der Finanzbranche, Versicherungen, Piloten oder Stewardessen, Rechtsanwälte, Menschen aus der Politik und dem Journalismus, aber auch aus dem gewerblichen Umfeld wie Busfahrer, internationale Kraftfahrer, Kommissionierer, Croupier, Concierge, Maler oder Kfz-Techniker – um nur einige zu nennen.

Die Zeugniserarbeitung ist eine Prozessarbeit mit dem Kunden zusammen. Ich lerne ihn über eine schriftliche Zuarbeit seiner Betriebsbiografie, die ich als Arbeits- und Formulierungsgrundlage verwende, kennen und in einem ausführlichen Gespräch bzw. Telefonat. Mein Beratungsansatz dabei ist ganzheitlich: Trennungsgeschichte verarbeiten, Betriebsbiografie aufbereiten, Essentials für das Zeugnis herausarbeiten, woraus dann die Zeugnistexte entstehen, mit denen in der Regel beide Seiten gut leben können.«

2. Welche Rolle spielen Arbeitszeugnisse im heutigen Berufsleben in Deutschland?

»Egal welcher Wechsel- bzw. Bewerbungsgrund vorliegt, jedem steht gesetzlich für die vergangenen Arbeitsjahre ein Arbeitszeugnis zu. Damit hängt auch eine nicht unbedeutende Wertschätzung, wie man verabschiedet wird, zusammen. Eine Bewerbung ohne Arbeitszeugnis überwiegend im Fach- und Führungskräftebereich könnte deshalb auch einmal weniger Aussicht auf Erfolg haben. Im normalen Mitarbeiterbereich und hier vor allem auch in handwerklichen-, Helfer- und Produktionsberufen habe ich viele Menschen kennengelernt, die ohne Arbeitszeugnis gute Arbeitsstellen gefunden haben. Beispielsweise hat ein Bewerber für den Inneren Dienst am Sächsischen Landtag in Dresden eine Stelle ohne Arbeitszeugnis bekommen und arbeitet dort nun schon viele Jahre. In der Regel ist es jedoch so, dass heutzutage vollständige Bewerbungen verlangt werden, in denen auch Arbeitszeugnisse enthalten sind.

Aus meiner Sicht kann ein Arbeitszeugnis immer nur eine Krücke sein, jeder kann im Grunde aber für sich und seine Fähigkeiten und Stärken selbst am besten sprechen und sollte es auch tun.«

3. Wie sieht das international aus?

»Dazu kann ich im Grunde nicht allzu viel sagen. Ich weiß, dass auch in Österreich und der Schweiz Arbeitszeugnisse eine Rolle spielen. Ich hatte auch schon Kunden aus Luxemburg, hier aus dem Bankenbereich. In den USA und England sind Referenzen gefragt, die nicht schriftlich ausgefertigt sein müssen. Dort genügt auch die Angabe und Erreichbarkeit des jeweiligen Referenzgebers, allerdings spielt das nur bei qualifizierten Tätigkeiten, Führungspositionen, im Entscheiderbereich oder im Management eine Rolle, weniger in den Angestelltenverhältnissen und darunter.«

4. Was sollte bzw. muss in einem korrekt ausgestellten Arbeitszeugnis enthalten sein?

»Ein einfaches Arbeitszeugnis besteht aus Einleitung, Aufgaben- und Tätigkeitsbeschreibung, Ausstellungsdatum und Unterschrift. Ihm fehlen sämtliche wertende Elemente.

Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis beginnt mit einer Einleitung, je nach Position enthält es eine Firmen- oder Unternehmensskizze, eine Aufgaben- und Tätigkeitsbeschreibung, je nach Position eine das Unterstellungsverhältnis erklärende Positionsbeschreibung, eine Leistungsbeurteilung mit den Komponenten Arbeitsbereitschaft, Arbeitsbefähigung, Fachwissen & Weiterbildung, Arbeitsweise und Arbeitserfolg, positions- bzw. funktionsabhängig auch besondere Arbeitserfolge. Bei Vorgesetzten darf eine Führungsbeurteilung nicht fehlen, dann folgt eine Verhaltensbeurteilung gegenüber dem internen und externen Bereich und, wo es angebracht bzw. erforderlich ist, mit einer Beurteilung der sozialen Kompetenz. Es folgen der Schlussabsatz, das Ausstellungsdatum und die Unterschrift(en). Und schon ist ein Arbeitszeugnis fertig.«

5. Wie detailliert sollte ein vernünftiges Arbeitszeugnis gestaltet werden?

»Ein Arbeitszeugnis muss detailliert und vor allem informativ sein, dazu vollständig und der Wahrheit entsprechend. Leistung und Führung müssen individuell dargestellt sein. Allerdings muss man aufpassen, sich nicht in Detailfragen zu verlieren. Im Arbeitszeugnis konzentriert man sich auf das Wesentliche, das heißt auf die Haupt- und Kernaufgaben mit ihren entsprechenden Arbeitsergebnissen.

Informativ heißt, das Arbeitszeugnis muss so vollständig und genau – also detailgetreu – formuliert sein, dass sich Leser ein klares Bild von den Aufgaben und Tätigkeiten, der Position und der damit verbundenen Verantwortung machen können. Schlagwortartige Aufzählungen bieten diesen anspruchsvollen Informationsgehalt in der Regel nicht, weshalb sich eine Kombination aus kurzer Aufzählung mit den Aufgabenessentials und beschreibenden Fließtext bewährt hat.

Das Bundesarbeitsgericht hat 1976 entschieden, dass ein Arbeitszeugnis aus einer detaillierten Tätigkeitsbeschreibung bestehen muss, welche die übernommenen und ausgeführten Tätigkeiten so genau und vollständig wie möglich wiedergibt. Nur so entsteht ein klares Bild dessen, was der Beurteilte getan hat. Der Schwerpunkt liegt auf der Beschreibung, nicht auf der Aufzählung!

Ich sage deshalb, dass jeder Mitarbeiter sein Arbeitszeugnis bekommen muss und meine damit, dass der Mitarbeiter an der Zeugniserstellung unbedingt beteiligt werden soll. Es ist sogar sehr zweckmäßig, den Mitarbeiter in die Erstellung seines Zeugnisses einzubeziehen, denn was die Aufgaben- und Tätigkeitsbeschreibung betrifft, so weiß der Mitarbeiter am besten, wofür er zuständig war und was er selbstständig und eigenverantwortlich erledigt hat. Er sollte aber nicht seine eigene Leistungs- und Verhaltensbeurteilung schreiben, diese gehören in die unbedingte Formulierungskompetenz des Arbeitgebers. Dieser Unterschied ist wichtig. Zudem kann es für den Fachvorgesetzten sehr nützlich sein, vom Mitarbeiter selbst zu erfahren, welche seiner Fähigkeiten und Stärken er bei welchen Aufgaben einsetzen konnte und welche positiven Arbeitsergebnisse dabei von ihm erzielt wurden. Damit ist auch gleich ein Bogen zur Leistungsbeurteilung hergestellt. Die Aufgaben- und Tätigkeitsbeschreibung ist so etwas wie ein Tatsachenbericht: Sie steht fest, ist sachlich und objektiv. Große Unternehmen können für diesen Zeugnisteil aus den hoffentlich zahlreichen Protokollen von Jahresgesprächen, Feedbackgespräche o. Ä. schöpfen. Kleine- und Mittelständler haben es da vielleicht nicht ganz so einfach, je nach dem, wie die Unternehmenskultur strukturiert ist und in wessen Aufgabenressort die Zeugniserstellung gehört. Deshalb ist es wichtig, dass sich Mitarbeiter zu gegebenen Anlässen wie Vorgesetztenwechsel oder Umstrukturierungen, die mit Aufgabenveränderungen / Ergänzungen verbunden sind, durchaus auch ein Zwischenzeugnis ausstellen lassen, um den Status quo festzuhalten. Mit einer ausgereiften Aufgaben- und Tätigkeitsbeschreibung transportiert ein Arbeitszeugnis sämtliche objektiven Tatsachen über einen scheidenden Mitarbeiter, der gleichzeitig ein zukünftiger Bewerber wird.

Das Bundesarbeitsgericht hat dem Zeugnisaussteller, also dem Arbeitgeber, einen erheblichen Beurteilungsspielraum eingeräumt. Der Arbeitgeber entscheidet allein, wie er die Leistung und das Verhalten des Mitarbeiters einschätzt und formuliert.«

6. Wie dürfen bzw. können darin negative Erfahrungen mit dem Mitarbeiter ausgedrückt werden?

»Eine negative Beurteilung wäre nur dann zulässig, wenn sie für die gesamte Dauer des Beschäftigungsverhältnisses charakteristisch ist. Niemand wird aber einen Mitarbeiter 3, 5, 10 oder noch mehr Jahre beschäftigen, wenn dieser über die gesamte Dauer unbefriedigende Leistungen erbringt, unmotiviert arbeitet oder im Verhalten nicht tragbar wäre. Von so jemanden trennt man sich relativ schnell wieder. Es kommt also auf die Dauer einer Verfehlung an.

Über die sogenannte Leerstellentechnik, die auch beredtes Schweigen genannt wird, können negative Hinweise entstehen, damit könnte ein Zeugnis allerdings unvollständig sein. Hier greift aber § 109 Abs. 2 der Gewerbeordnung, der besagt: „Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.“

Jedes Arbeitszeugnis muss also den Grundsätzen der Wahrheit, der Vollständigkeit und des Wohlwollens entsprechen. Wird etwas weg gelassen, könnten sowohl die Wahrheits- als auch die Vollständigkeitsbedingung und damit das verständige Wohlwollen verletzt werden. Wahrheit und Wohlwollen schließen sich nicht aus, wobei Wahrheit vor Wohlwollen steht!

Über die Wahrheitspflicht hat das Bundesarbeitsgericht bereits 1960 entschieden: Damit Arbeitszeugnisse für Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht ihre Informationspflicht einbüßen und wertlos sind, müssen sie zuerst wahr sein. Das hängt mit dem Individualitätsgrundsatz zusammen: Es dürfen keine pauschalen Arbeitszeugnisse ausgestellt werden, die lediglich aus Textbausteinen zusammengesetzt sind und bei denen nur die persönlichen Daten ausgetauscht werden müssten, um weiterverwendet werden zu können.

Es gibt drei Bedingungen für wahre Arbeitszeugnisse: Wahrheit durch Individualität, Wahrheit durch Eindeutigkeit in der Formulierung (damit ist jeder Zeugniscode ad absurdum geführt) und Wahrheit durch Zeugnisklarheit (jedes Arbeitszeugnis muss auch für Dritte – in der Regel neue Arbeitgeber – eindeutig formuliert – also transparent – sein). Wohlwollen bezieht sich auf die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, dem Mitarbeiter das berufliche Fortkommen nicht zu erschweren.«

7. Gibt es eine spezielle Zeugnissprache?

»Nein, weil der Gesetzgeber keine solche vorgesehen, entwickelt und gesetzlich festgeschrieben hat. Ja, weil über die letzten 50 Jahre aus den Personalbereichen heraus eine erfunden wurde. Zudem hat sich seit der Jahrtausendwende und der zunehmenden Globalisierung der Arbeitswelt leider explosionsartig eine Arbeitszeugnis-Textbaustein-Industrie, die sogenannte Zeugnis-Manager-Software, entwickelt.

Arbeitszeugnisse sollen in einer sachlichen, anschaulichen, klaren Sprache verfasst werden – keine Bandwurmsätze mit vielen Hauptwörtern und abstrakten Formulierungen, die nur den Lesefluss hemmen. Klar und verständlich formuliert man nur mit Verben, sie stehen für aktives Tätigsein.

Beispiel: Nicht unverständlich: Neben der Sachbearbeitertätigkeit wurden auch eigenständige Kundenberatungen von Frau Müller durchgeführt. Sondern klar: Frau Müller hat selbstständig Kunden bei der Geldanlage beraten.

Die Skala der Zufriedenheitsaussagen ist aus meiner Sicht ein Zeugniscode. Obwohl dieser doch verboten ist, wird er munter angewandt. Die Diskussion über voll, voller, am vollsten ist hinlänglich bekannt. Aber leider wird an dieser genormten Zeugnissprache, die sich an Schulnoten orientiert, festgehalten, obwohl sie Arbeitszeugnisse undifferenziert macht. Dabei gibt es durchaus brauchbare Alternativen, denn der Arbeitgeber ist auch laut Bundesarbeitsgericht frei in seiner Wortwahl. Es gibt keine Vorschrift, die Zufriedenheitsaussagen und Textbausteine zu verwenden. Textbausteine können vielleicht die Texterstellung für ein Arbeitszeugnis beschleunigen, dürfen aber nur individualisiert angewendet werden. Das wird aber leider regelmäßig nicht gemacht. Deshalb gleichen sich Arbeitszeugnisse oft wie ein Ei dem anderen und werden in der Folge medial als unbrauchbar verschrien.

Wer informative, wertschätzende und dabei auch wahre Arbeitszeugnisse schreiben will, der kann mit dem Buch von Karl-Heinz List „Einfach gut formulieren: Kurz, klar und korrekt schreiben – für Chefs und Personaler“ das Schreiben von Zeugnistexten lernen.«

8. Kann man als Mitarbeiter selber prüfen, ob das ausgestellte Zeugnis keine verborgenen Fallstricke enthält?

»Ja, wenn man sich mit einer guten Literatur versorgt und im Laufe des Arbeitslebens ein wenig Übung im Deuten von Beurteilungen entwickelt hat.

Da man es aber als Betroffener schaffen muss, sich bildlich gesehen neben sich zu stellen und sich in der ehemaligen Arbeitssituation sozusagen von außen zu betrachten, ist das eine schwierige Sache, zumal wenn die Emotionen noch nicht abgeklungen sind. Besser ist es, man lässt sein Arbeitszeugnis von einer Vertrauensperson lesen oder von jemanden, der sich damit professionell beschäftigt.«

9. In welchen Fällen würden Sie jemandem raten, sein Arbeitszeugnis mit juristischen Mitteln anzufechten?

»Nur und ausschließlich, wenn mit dem Arbeitgeber bzw. seinen Erfüllungsgehilfen absolut kein Gespräch dazu möglich ist, wenn keine Argumente mehr ausgetauscht werden können oder wollen. So etwas kommt mit meinen Kunden zum Glück nicht oft vor. Ich versuche mit ihnen gute Argumente auszuarbeiten, damit diese dann einen konstruktiven Dialog mit dem Vorgesetzten führen können.

Trennt man sich mit einem Vergleich, egal ob gerichtlich oder außergerichtlich, dann sollte der fertig ausdiskutierte Zeugnistext unbedingt Bestandteil des Aufhebungsvertrages sein. Damit ist dann kein Zeugnisstreit mehr möglich.

Man sollte immer bedenken: Juristische Mittel verhärten nur die Fronten, das ist nicht nur im Arbeitsrecht so. Vor einem Arbeitsgericht kommt fast nie ein brauchbares Zeugnis zustande.«

10. Zu welchen Zeitpunkten sollte man als Arbeitnehmer um ein Zwischenzeugnis bitten?

»Ein Zwischenzeugnis ist ein Kann-Verlangen aus sogenannten anerkannten triftigen Gründen (BAG 21.01.1993). Man sollte sich eines ausstellen lassen bei Versetzung, Vorgesetztenwechsel, Fortbildung, Freistellung als Betriebsrat, Erziehungsurlaub / Elternzeit oder einem Betriebsübergang nach § 613 BGB.

Eine gesetzliche Regelung gibt es allerdings nicht, aber häufig gibt es einen tarifvertraglichen Anspruch. Hier muss jeder Mitarbeiter seinen Tarifvertrag kennen bzw. wissen, ob im Unternehmen überhaupt einer besteht.«

11. Sollte man als Mitarbeiter dem Vorgesetzten vorschlagen, dass man selber einen Experten mit dem Entwurf des Arbeitszeugnisses beauftragt und dafür auch das eigene Geld ausgeben?

»Man kann seinem Chef vorschlagen, sich an der Zeugniserstellung zu beteiligen, indem man Input, und wie ich bereits ausgeführt habe, die Aufgaben- und Tätigkeitsbeschreibung sowie auch die wesentlichsten Arbeitsergebnisse beisteuert, vielleicht etwas zum aufgabenbezogenen Fachwissen – wenn man zum Beispiel Spezialkenntnisse hat – oder wenn man ein berufsbegleitendes Studium absolviert hat. Man kann dem Chef sozusagen Arbeit abnehmen.

Die Leistungsbeurteilung und die Verhaltensbeurteilung sind grundsätzlich Arbeitgebersache.

Ich würde zumindest niemandem empfehlen, ungefragt einen komplett selbst geschriebenen Arbeitszeugnistext vorzulegen und dann auch noch zu erwarten, dass dieses unterschrieben wird. Jedes selbst verfasste Arbeitszeugnis fällt immer zu gut aus, weil der Abstand sich selbst gegenüber fehlt. Zudem wird es als sogenanntes Gefälligkeitszeugnis erkannt.

Wenn man aber mit dem Wissen des Arbeitgebers bzw. des Chefs sein Arbeitszeugnis professionell erstellen lässt, kann man das dann auch gut argumentieren, wenn der Chef anderer Meinung ist. Die Kosten dafür muss jeder wohl oder übel selbst tragen, da wird es kaum einen Arbeitgeber geben, der diese übernimmt.«

12. Haben Sie für unsere Leser vielleicht noch weitere Tipps?

»Ich habe noch einige Literaturtipps:

Das Buch „Arbeitszeugnisse in Textbausteinen“ von Arnulf Weuster und Brigitte Scheer ist auch in den meisten Personalabteilungen vorhanden und enthält insbesondere einen sehr fundierten Erklärungsteil.

Von Karl-Heinz List: „Eignungs- und Leistungsbeurteilungen“, das bereits erwähnte Buch „Einfach gut formulieren: Kurz, klar und korrekt schreiben – für Chefs und Personaler“ (auch interessant für Mitarbeiter) und „Mein Arbeitszeugnis selbst formuliert“, eine praktische Anleitung, für sich selbst einen aussagekräftigen Vorschlag für ein Arbeitszeugnis zu schreiben und wie man den Eigenvorschlag seinem Vorgesetzten unterbreitet.

Um gute unverwechselbare individuelle Texte zu kreieren, sind auch die Bücher von A. M. Textor „Sag es treffender: Das Synonym-Wörterbuch für den täglichen Gebrauch“ sowie „Sag es auf Deutsch: Das Fremdwörterlexikon. Über 20.000 Fremdwörter aus allen Lebensgebieten“, sehr hilfreich.«


Soweit die Antworten von Frau Pflanz als Textversion für diese Website. Weitere Informationen zu ihrer Arbeit und ihren Angeboten finden Sie auf der Internetpräsenz von Frau Pflanz.

Das eigentliche Interview vom 22. Juni 2015 können Sie als Audio-Mitschnitt im Podcast Nr. 7 anhören:

Der Podcast steht auch zum Download und auf Spotify bereit.

Nachtrag aus dem Jahr 2021: Im Herbst 2016 haben wir übrigens mit Frau Pflanz auch noch eine Radiosendung zu diesem Thema gestaltet. Diese können Sie hier nachhören.