Ja, das geht: Wie Frauen genauso gut verdienen können

Warum Frauen oft weniger verdienen als Männer

Diesen Artikel habe ich schon lange einmal schreiben wollen, um dem ewigen Wehklagen in den Medien und gelegentlich auch in meinem persönlichen Umfeld etwas Konstruktives entgegen zu setzen. Dabei handelt es sich bei diesem Thema zunächst um einen Fakt: im Durchschnitt verdienen Frauen in Deutschland weniger als Männer. Das ist aus meiner Sicht auch hinreichend statistisch belegt, wie beispielsweise die aktuelle Studie „Gehaltsbiografien 2014“ von Compensation-Partner zeigt. Ich beginne deshalb mit einer gründlichen Analyse des Problems und gebe danach wieder konkrete Tipps, wie Frauen es vermeiden bzw. lösen können.

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> Woran es nicht liegt

Bevor ich das Problem näher erläutere, möchte ich kurz die mit diesem Fakt immer wieder in Verbindung gebrachten Annahmen und resultierenden Vorwürfe zusammenfassen. Meiner Beobachtung nach wird die Tatsache, dass gleichermaßen qualifizierte Frauen in gleichen Positionen wie Männer oft weniger verdienen, a) als Diskriminierung der Frauen verurteilt, an der b) die Männer Schuld wären, weil diese c) die Frauen und ihre Arbeit nicht ausreichend achten würden, was d) noch dadurch verschlimmert würde, dass Männer viel häufiger Führungspositionen innehätten und damit in der über das Gehalt entscheidenden Position wären.

Bei näherer Betrachtung stimmt in dieser Aufzählung nur, dass Männer häufiger in Führungspositionen zu finden sind als Frauen. Alle anderen Aussagen sind entweder Vorwürfe, die vielleicht im Einzelfall stimmen, für die es aber keinerlei Belege zur Verallgemeinerung gibt, oder sie sind wie der letzte Punkt schlichtweg falsch, denn die Ausübung einer Tätigkeit als Angestellter und das damit verbundene Gehalt erfordert immer die Zustimmung beider Seiten. Ein solches Arbeitsverhältnis stellt also nichts anderes dar als einen Handel, zu dem auch die Frauen freiwillig ja sagen. Entsprechend sehen glücklicherweise auch unsere deutschen Gesetze aus, nach denen Frauen weder zur Annahme einer bestimmten beruflichen Tätigkeit gezwungen werden dürfen, noch es erlaubt ist, aufgrund des Geschlechtes ein niedrigeres Gehalt zu zahlen.

Im Übrigen gibt es viele Gegenbeispiele. Zum einen klagen auch regelmäßig Frauen über eine schlechtere Bezahlung, die weibliche Vorgesetzte haben. Zum anderen kommen viele Frauen mit ihren männlichen Chefs sehr gut aus und sehen sich und ihre Arbeit geschätzt. Die oben etwas plakativ zusammengefasste, aber leider weit verbreitete Deutung der Ursache des Problems kann also nicht stimmen. Da am Fakt selber ja nun nicht zu rütteln ist, stellt sich die Frage also erneut, woran es denn nun wirklich liegt, dass Frauen mit der gleichen Qualifizierung in denselben Positionen wie Männer oft weniger verdienen als diese.

> Probieren Sie einmal eine ganz neue Sichtweise

Natürlich gibt es sie: Diskriminierung im Berufsleben – und nicht nur Frauen gegenüber – kommt leider zu häufig vor. Doch darf man aus dieser bedauerlichen Tatsache nicht gleich eine Verallgemeinerung ableiten. Denn diese führt Sie auf eine falsche Fährte, die vielleicht bequem, aber sehr kontraproduktiv ist. Denn wer eine grundsätzliche Benachteiligung von Frauen als Hauptgrund für eine schlechtere Bezahlung ansieht, kann ja dagegen kurzfristig kaum etwas machen und muss diese vorläufig akzeptieren. Und damit auch ein schlechteres Gehalt.

An dieser Stelle möchte ich Ihnen eine alternative Perspektive anbieten. Denn der für die schlechtere Bezahlung von Frauen wesentliche Grund liegt meiner Beobachtung nach vielmehr in der Tatsache, dass Frauen ihre Gehälter häufig nicht engagiert genug verhandeln. Dafür gibt es dann im konkreten Fall verschiedenste Ursachen. Zum einen können diese allgemeiner Natur sein, sich also von der Situation vieler Männer, die ihr Gehalt auch nicht ordentlich verhandeln, gar nicht unterscheiden. Auf diese Gründe gehe ich auf der entsprechenden Seite im Rahmen meiner allgemeinen Beiträge zur Gehaltsverhandlung ein. Doch es gibt hier tatsächlich auch Unterschiede zwischen Männern und Frauen und ich würde schon sagen, dass es Frauen aufgrund ihrer Natur etwas schwerer haben. Das darf am Ende aber keine Entschuldigung dafür sein, nichts zu tun und nur zu jammern und doch wieder auf die Männer zu schimpfen.

Im Gespräch mit Frauen zu diesem Thema habe ich konkret Folgendes festgestellt. Erstens: Frauen definieren sich in beruflichen Situationen mehr über die Tätigkeit und weniger über Statussymbole, zu denen fast immer auch das Gehalt gehört. Das ist eigentlich etwas Gutes und trägt manchmal auch dazu bei, dass es die Männer in dieser Hinsicht nicht übertreiben. Aber für den rein finanziellen Aspekt ist es natürlich kontraproduktiv.

Die zweite Ursache, die mir aufgefallen ist, besteht im größeren Solidaritätsgefühl der Frauen. Wenn alle im Unternehmen (vermutlich 😉 ) schlecht bezahlt werden, dann ist es nur „fair“, wenn man selber auch nicht mehr bekommt. Männer sehen das in der Regel viel lockerer und neigen eher dazu, für den Unterschied und damit den eigenen Vorteil zu plädieren.

Ein dritter Grund liegt bei Frauen nicht selten im eigenen(!) höheren Anspruch an die eigene Leistung. Sind sie selber mit dieser noch nicht 100%ig zufrieden, kommen Frauen viel schneller als Männer auf die Idee, dass dann auch ein höheres Gehalt wohl kaum gerechtfertigt sein kann. Dann ist es besonders schmerzlich festzustellen, dass mittelmäßige männliche Kollegen mehr verdienen.

Exkurs: Diese letztgenannte Problematik führt leider auch schon bei der Suche nach geeigneten freien Stellen oft zu einem Nachteil für Frauen, der aber relativ einfach vermieden werden kann. Mehr dazu finden Sie in meinem Karriere-Tipp der Woche für TIDE.radio mit dem Titel „Für Frauen: Stellenanzeigen richtig bewerten“.

Diese Liste kann man sicherlich noch um ein paar weitere Punkte ergänzen, was ich an dieser Stelle nicht tun möchte, da es mir hier nur darum geht, die Quelle des eigentlichen Problems prinzipiell erwähnt zu haben. Einen abschließenden Aspekt möchte ich dennoch anführen. Weil die gesellschaftliche Situation nun eben mal so ist, haben viele Frauen diese Tatsache bereits so verinnerlicht, dass sie diese als praktisch unveränderlich ansehen und schon alleine deshalb sich weniger Mühe in Sachen Gehaltsverhandlung geben. Eine selbsterfüllende Prophezeiung, die nicht sein muss!

Ich möchte diesen Abschnitt nicht beenden, ohne darauf hingewiesen zu haben, dass natürlich auch die andere Seite, in vielen Fällen also männliche Vorgesetzte, ihren Anteil am Zustandekommen eines für die Frauen niedrigeren Gehaltsabschlusses hat. Denn für die einstellenden Chefs – wie gesagt, dass sind nicht nur Männer – ist ein solches selbstschädigendes Verhalten der Frauen sehr bequem, denn es spart ihnen eine Menge Geld (die sie dann beim nächsten männlichen Kandidaten mit ausgebufften Verhandlungstricks wieder verlieren können 😉 . Leider sind nur wenige Manager klug genug, selber ein Auge darauf zu haben, dass auch die Mitarbeiterinnen das Gefühl haben sollten, ein faires Gehalt zu beziehen. Anhaltende Unzufriedenheit der Mitarbeiter in dieser Hinsicht stört den sozialen Frieden im Unternehmen und wirkt sich früher oder später kontraproduktiv auf den Unternehmenserfolg aus.

> Fazit dieser Ursachenanalyse

Die bis hierhin dargestellten Erkenntnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen. Erstens, der Fakt, dass Frauen durchschnittlich weniger verdienen als Männer, hat in erster Linie damit zu tun, dass Frauen ihr Gehalt nicht richtig bzw. intensiv genug verhandeln. Zweitens, die Ursachen dafür sind vielleicht oft „typisch weiblicher“ Art, aber sie sind positiver Natur und kein Grund sich ihretwegen zu schämen. Und drittens, das Problem lässt sich ganz einfach lösen, ohne die gerade erwähnten positiven Aspekte aufgeben zu müssen. Frauen dürfen, sollen und können so bleiben, wie sie sind, und müssen für ein besseres Gehalt nur eines tun: ihre Herangehensweisen bei Gehaltsverhandlungen optimieren. Wie Sie persönlich dies tun können, werde ich gleich erläutern. Vorher aber noch ein kurzer Exkurs, mit welchen Mitteln Frauen (und Männer) das Problem lieber nicht versuchen sollten zu lösen.