Die Lösung: Werden Sie aktiv!

So bekommen Sie als Frau das gleiche Gehalt wie Männer – oder vielleicht ein besseres?

Damit komme ich jetzt zu konkreten Tipps, wie Sie für sich ein besseres Gehalt aushandeln können. Diese Ratschläge wenden sich zwar in erster Linie an Frauen, mögen aber auch für den einen oder anderen Mann hilfreich bei der Gehaltsverhandlung sein.

1. Zugang zur richtigen „Energiequelle“ schaffen

Zu Beginn etwas Grundsätzliches: Für alles, was wir tun, benötigen wir Energie und diese sowohl im körperlichen wie im seelischen Sinne. Wer Schwierigkeiten hat, für sich ein vernünftiges Gehalt zu vereinbaren, dem fehlt es unter Umständen an genug seelischer Energie dafür. Es gibt unterschiedlichste Konzepte, wie man die psychischen Kräfte in uns darstellen und diskutieren kann, aber mir gefällt seit einiger Zeit die Variante aus der sogenannten Systemaufstellung am besten. Diese betont die Herkunft jedes Menschen aus Mutter und Vater gleichermaßen, denn jeder Mensch hat immer eine Mutter UND einen Vater, sonst würde es ihn nicht geben. Jeder Mensch verfügt damit über zwei verschiedene innere Quellen an Lebensenergie, die für die einzelnen Lebensthemen jeweils unterschiedlich stark von Bedeutung sind, nämlich eine männliche und eine weibliche. Das ist ein spannendes Thema, auf das ich an dieser Stelle aber nicht weiter eingehen kann. Ich hoffe aber, dass dieser Ausgangspunkt soweit ausreichend verständlich ist, denn ich möchte gleich zu seiner Relevanz für das hier diskutierte Problem kommen. Dabei gibt es zwei wichtige Aspekte.

Erstens, wie bei vielen anderen beruflichen Themen auch benötigt man für Gehaltsverhandlungen vor allem „männliche“ Energie und zwar ganz egal, ob man ein Mann oder eine Frau ist. Für „mehr Geld“ ist weibliche Energie wenig hilfreich.

Zweitens, den Zugang zu dieser männlichen Energie hat prinzipiell auch JEDER Mensch, also Frauen genauso wie Männer, denn auch Frauen haben nicht nur eine Mutter, sondern immer auch einen Vater und zwar egal, wie sie auf der Alltagsebene zu diesen Personen stehen. Im Inneren sind diese zwei Kraftquellen grundsätzlich bei jedem Menschen angelegt. Daraus ergibt sich für Frauen, die das Thema einer fairen Bezahlung nun endlich einmal für sich klären wollen, sich beim Umgang damit vor allem auf ihre Ressourcen mit männlicher Energie im weitesten Sinne zu konzentrieren.

Praktisch kann das beispielsweise bedeuten, dass man herausfindet, wie sich die erfolgreichen Männer im eigenen Umfeld in dieser Hinsicht verhalten und was man sich von ihnen vielleicht abkucken kann. Außerdem würde ich Frauen vorschlagen, sich zu diesem Thema vor allem mit männlichen Freunden auszutauschen. Fragen Sie Ihre männlichen Bekannten doch einmal, was ihr Rat an Sie in dieser Hinsicht wäre. Wenn Sie sich mit Ihrem Vater gut verstehen und es praktisch möglich ist, dann besprechen Sie die konkrete Situation in der Vorbereitungsphase doch ebenso mit ihm. Und da es nicht zuletzt auch viele Frauen gibt, die offensichtlich einen guten Zugang zu ihrer männlichen Energiequelle haben und diese für sich erfolgreich nutzen können, mag sich eine Vertreterin derselben auch im eigenen Freundeskreis als eventuelle Beraterin finden lassen.

2. Eine klare Ansage zu Beginn

Gerade wenn zu vermuten ist, dass die andere Seite, Ihr Vorgesetzter oder der einstellende Manager, „gewöhnt“ ist, Frauen weniger zahlen zu können, ist eine scheibchenweise Vermittlung Ihres Anspruches an ein faires, also gleiches Gehalt ausgesprochen mühsam. In solchen Fällen würde ich Ihnen ausdrücklich empfehlen, diesen Anspruch gleich zu Beginn ausreichend deutlich zu machen. Dann weiß die andere Seite sofort, woran sie in Ihrem Fall ist, und kann Sie am besten gleich von Beginn an anders als Ihre Vorgängerinnen behandeln. Und wenn Sie einmal im Zuge Ihrer Vorbereitungen genau hinschauen, messen fast alle Vorgesetzten, die gerne von der Nachgiebigkeit der Frauen bei diesem Thema profitieren, in Wirklichkeit mit zweierlei Maß. Das heißt, wenn sie den Eindruck haben, eine Frau mit lausigen Argumenten davon überzeugen können, dass es hier für Frauen nicht mehr gibt, dann machen sie es auch. Aber wenn sie merken, dass es im Einzelfall dazu führen würde, eine gute Mitarbeiterin zu verlieren oder nicht zu bekommen, lassen Sie es dann doch nicht darauf ankommen, und zahlen lieber mehr. Und der Bonus in solchen Fällen ist: sie haben vor diesen Mitarbeiterinnen deutlich mehr Respekt, was den Weg für weitere Karrierechancen ebnet. Zu den hartnäckigen Fällen von Vorgesetzen, bei denen auch eine solche klare Ansage nichts bewirkt, äußere ich mich am Ende auch noch.

Im Bewerbungsschreiben könnte eine solche klare Ansage praktisch so aussehen:

»Und nicht zuletzt gehe ich bei einem modernen Unternehmen wie Ihrem selbstverständlich davon aus, dass mein Gehalt im internen Vergleich allein auf der Basis meiner persönlichen Qualifikation und meines persönlichen Beitrags zum Unternehmenserfolg vereinbart würde.«

Ein solcher Wink mit dem Zaunpfahl reicht schon. Und selbstverständlich: Männer und Frauen, die das Problem gar nicht haben, müssen einen solchen Satz nicht schreiben, es sei denn, sie gehören zu einer Bevölkerungsgruppe mit ähnlichen Schwierigkeiten (beispielsweise Aussiedler).

Noch ein Beispiel für das Bewerbungsgespräch. Der beste Zeitpunkt dafür liegt normalerweise in der Anfangsphase.

»Und, Herr Dr. Hansen, eine Sache wäre mir bereits jetzt zu Beginn sehr wichtig. Mein aktueller Arbeitgeber steht intern leider in dem Ruf, Frauen unabhängig von ihrer Leistung schlechter zu bezahlen als Männer. Das ist auch einer der Gründe, weshalb ich mich beruflich neu orientieren möchte, und wenn wir uns demnächst für eine Zusammenarbeit entscheiden sollten, wäre es mir sehr lieb, bereits im Vorfeld überzeugt zu sein, dass sich dieses Problem bei Ihrem Unternehmen für mich nicht wiederholen wird.«

Erwarten Sie an dieser Stelle bitte keine wirkliche Antwort von der anderen Seite. Die ist auch gar nicht nötig. Wichtig ist nur, dass Sie eine klare Ansage gemacht haben. Dem Leiter des einstellenden Unternehmens ist damit schon ausreichend klar: »Diese Bewerberin ist anders, in ihrem Fall müssten wir also wahrscheinlich so viel zahlen wie bei einem männlichen Kollegen. Aber dafür scheint sie ja auch durchsetzungsfähig zu sein. Na ja, und solche Leute brauchen wir ja auch.«

3. Umgang mit weiblichen Werten bei der Entscheidungsfindung

Ich hatte bei der Analyse der Gründe darauf hingewiesen, dass es Frauen aus meiner Sicht bei diesem Thema schon etwas schwerer haben als Männer und dies mit der weiblichen Natur begründet. Als Mann, auch als männlicher Psychologe, über die „weibliche Natur“ zu spekulieren, ist natürlich immer eine riskante Sache, aber so weit möchte ich hier gar nicht gehen. Mir geht es an dieser Stelle nur um die Tatsache, dass Frauen offensichtlich andere und / oder mehr Faktoren in ihre Entscheidungsfindung zur Bewertung von Gehältern einfließen lassen, als Männer. Solange sie am Ende damit im Großen und Ganzen zufrieden sind, gibt es hier keinen Veränderungsbedarf. Aber dazu gehört dann genauso, dass man sich nicht mehr über einen eventuellen Unterschied zwischen dem eigenen niedrigeren Gehalt und dem der männlichen Kollegen beschweren darf. Auch dazu muss man dann eine gute Meinung haben.

Sollte das bei Ihnen nicht so sein und Sie sich eine finanziell zufriedenstellendere Situation für sich wünschen, erfordert das eine intensivere Auseinandersetzung mit Ihrer eigenen Herangehensweise bei der Bewertung von Gehältern. Bei meinen allgemeinen Tipps für Ihre Gehaltsverhandlung betone ich die Wichtigkeit, vorher Ihr eigenes Minimum genau zu kennen bzw. zu ermitteln. Dieses Minimum muss am Ende immer einen Wert darstellen, mit dem Sie nicht nur praktisch klarkommen, sondern mit dem Sie auch ausreichend zufrieden sind (siehe oben). Damit stellt sich der Grund für die niedrigeren Gehälter von Frauen in den meisten Fällen letztlich als eine Kombination von inkorrekter Ermittlung des persönlich gerade noch akzeptablen Gehaltes und einer zu wenig offensiven Herangehensweise zur Durchsetzung von mindestens diesem Wert dar.

Und damit liegt auch die einzige Lösung auf der Hand. Wenn Sie in einer solchen Situation sind, müssen Sie zuerst darauf achten, dass Sie sich über alle Faktoren klar sind, die für Sie dabei eine Rolle spielen. Wenn sich darunter auch „typisch weibliche“ Aspekte befinden, ist das vollkommen legitim. Aber alle anderen müssen eben gleichermaßen gewürdigt werden. Hier geht es also auch darum, Ihre sicherlich teilweise verborgenen inneren Widersprüche aufzudecken. Sind Sie sich über alles klar, was für Sie dazu gehört, sollte es Ihnen wesentlich leichter fallen, eine ausgewogene Berücksichtigung vorzunehmen und damit zu einem wirklich angemessenen und zufriedenstellenden Mindestwert hinsichtlich eines akzeptablen Gehaltes zu kommen. Für den weiteren Prozess gilt das von mir allgemein in Sachen Gehaltsverhandlung Gesagte. Die eben erwähnte Vorarbeit dürfte dafür eine zusätzlich stärkende Funktion haben, denn Sie sind dadurch argumentativ besonders gut auf das Gespräch mit der anderen Seite vorbereitet.

Um noch einmal das eingangs erwähnte Beispiel mit dem geringeren Interesse der Frauen an beruflichen Statussymbolen und stärkerer Berücksichtigung solidarischer Aspekte zu verwenden, könnten in einem solchen Fall Argumente hinsichtlich des finanziellen Mehraufwandes für die Kinderbetreuung und die besondere Erfahrung im Umgang mit schwierigen Kunden ein angemessenes Gegengewicht bei der Ermittlung einer fairen (Mindest)-Gehaltsforderungen darstellen.

Umgang mit hartnäckigen Fällen

Ich hatte Ihnen versprochen, noch auf diesen Spezialfall einzugehen, und als letzten Punkt möchte ich dies jetzt auch tun, denn ich vermute, vielen Frauen würde die Frage danach auf der Zunge liegen.

Ja, es gibt sie. Männer, denen tatsächlich der angemessene Respekt Frauen gegenüber grundsätzlich fehlt und die deshalb Frauen nur einstellen werden, wenn sie schlechtere Konditionen akzeptieren. Es gibt auch Leiterinnen, die dafür sorgen, dass andere Frauen genauso leiden, wie sie es in einer früheren Phase ihrer beruflichen Laufbahn getan haben. Meiner Beobachtung nach ist die gute Nachricht dazu aber, dass die Anzahl dieser Fälle viel kleiner ist, als allgemein vermutet wird. Die meisten Leiter verhalten sich unabhängig von ihrem Geschlecht eher nur opportunistisch. Wenn jemand nun mal nicht nach mehr Geld fragt, gibt es dann eben auch nicht mehr. Schließlich muss man als Leiter ja auch die Personalkosten im Griff haben und viel weiter denken die meisten an dieser Stelle nicht. Mit diesen Leuten können Sie reden und für diese Leute können Sie auch ruhig arbeiten, keiner ist perfekt.

Und die anderen? Wenn es sich bei Ihrem Gegenüber tatsächlich um einen Vertreter aus der ersten Kategorie handelt, dann sollten Sie für solche Menschen niemals anfangen zu arbeiten und wenn Sie es bereits tun, sollten Sie sich so schnell wie möglich eine neue Position in einer anderen Abteilung oder einem neuen Unternehmen suchen. In einem solchen Fall haben Sie nicht nur kaum Chancen auf ein faires Gehalt, sondern Sie werden auch keine Freude an Ihrer Arbeit haben. Das gilt übrigens auch für alle, die von dieser Problematik nicht direkt betroffen sind. Ich würde als Mann auch dann nicht für einen solchen Menschen arbeiten, wenn er sich mir persönlich gegenüber nicht so viel herausnimmt. Bei solchen Menschen sind die seelischen Defizite bedauerlicherweise so groß, dass Sie die Nähe zu ihnen meiden sollten, um nicht tagtäglich darunter leiden zu müssen. Ihr Leben ist viel zu schade dafür und Sie haben auch im Beruf das Recht glücklich zu sein.